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Solar Orbiter: Die ersten Messdaten sind öffentlich

Nur ein halbes Jahr nach dem Start der europäisch-amerikanischen Raumsonde „Solar Orbiter“ haben drei ihrer insgesamt zehn Instrumente bereits die ersten Messdaten an die Erde gefunkt. Diese wurden vor wenigen Tagen nun auch veröffentlicht. Sie stammen

1. vom Energetic Particle Detector (EPD), welcher Elektronen, Protonen und Schwerionen in der Umgebung des Solar Orbiters misst und ihre Spektren erforscht,
2. vom Radio- und-Plasmawellen-Instrument (RPW), das Frequenzen zwischen 0,1 Hertz und 20 Megahertz analysiert,
3. vom Magnetometer (MAG), konzipiert für die Analyse des Magnetfeldes der Sonne, insbesondere seiner Ausdehnung und Fluktuation sowie seiner Interaktion mit dem Plasma der Heliosphäre.

Alle drei gehören zu den sogenannten In-Situ-Instrumenten, welche die direkte Umgebung des Orbiters analysieren. Vom vierten dieser Instrumente, dem Solar Wind Analyser (SWA), werden die ersten Ergebnisse gegen Ende des Jahres erwartet. Die restlichen sechs Instrumente der Sonde, welche nicht der In-Situ-, sondern der Fernerkundung dienen, sollen erst Ende 2021 überhaupt ihren regulären Betrieb aufnehmen und bis dahin lediglich Tests durchführen. Forschungstaugliche Daten sind von ihnen also nicht vor 2022 online zu erwarten.

Wer sich anschauen möchte, was die bisher gewonnenen Daten beinhalten, welchen Umfang sie haben und in welchen Formaten sie präsentiert werden, kann unter http://soar.esac.esa.int/soar/#results einen Zeitraum oder -punkt zwischen dem 10. Februar 2020 (= Start der Sonde) und dem aktuellen Datum eingeben und dann das Suchergebnis genauer unter die Lupe nehmen.

Dass die Daten des Solar Orbiter überhaupt so rasch nach ihrem Download schon der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, ist relativ ungewöhnlich. In vielen Fällen – falls sie nicht versehentlich veröffentlicht werden – bleiben derartige Ergebnisse zunächst eine Zeitlang den Forscherteams der jeweiligen Instrumente vorbehalten, um ihnen einen Vorsprung vor den Kollegen aus anderen Einrichtungen zu gewähren. Eine Vorgehensweise, die weltweit häufig praktiziert wird, aber bei Wissenschaftlern und interessierten Laien nicht immer auf Verständnis stößt. (Insbesondere dann, wenn in die Entwicklung der Instrumente öffentliche Gelder geflossen sind.)
Beim Solar Orbiter wurde bereits vor dem Start der Mission beschlossen, es diesmal anders zu handhaben:

“We want Solar Orbiter to be one of the most open space missions. This means open to the whole world, not only to the teams who have built the instruments,” says Yannis Zouganelis, Solar Orbiter Deputy Project Scientist for ESA.

Based on the successful approach taken by previous solar physics missions, it was decided that the time between the data being received on Earth and it being released to the world would be at most 90 days. During this period, the instrument teams calibrate the data taken by Solar Orbiter from its ever-changing distance to the Sun.

(Quelle: ESA)

Die Herausforderung hierbei besteht nicht nur in der reinen Reaktionszeit, sondern auch darin die Daten vor der Veröffentlichung möglichst noch zu kalibrieren. Also den Anteil der Daten zu eliminieren, der zum Beispiel Schwankungen in den Eigenschaften der Instrumente selbst geschuldet ist, statt Schwankungen dessen, was sie tatsächlich messen sollen:

In the case of MAG, the job was to learn about all the small magnetic fields that the spacecraft itself generates when its various circuits and equipment are switched on and off. Tim Horbury, Imperial College, and Principal Investigator of MAG, says that the fact the data is ready on time is testament to the hard work of the engineering team at Imperial College.

(Quelle: ESA)

Anfangs, bis man die Eigenheiten der einzelnen Instrumente gründlich genug analysieren konnte, muss dies noch per Hand geschehen. Für die Zukunft ist laut Aussage der ESA die Automatisierung der Kalibrierung möglich und auch vorgesehen. Beim bereits erwähnten Solar Wind Analyser, dessen Daten wie schon gesagt erst später veröffentlicht werden, ist diese Analyse und somit die Kalibrierung noch nicht abgeschlossen. Unterdessen sind aus den veröffentlichten Daten der anderen drei Instrumente bereits erste Ergebnisse abgeleitet worden.
Mehr bzw. wesentlich detailliertere Informationen über die einzelnen Instrumente des Solar Orbiter findet man aktuell online auf Astronomy & Astrophysics.

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