Forschung & Entwicklung, Technik, Unbemannt

Ariane 6 – Europas neue Trägerrakete

„Wozu brauchen wir die?“ lautet da gerne die erste Frage. Die bisherige Ariane 5 hat immerhin eine beeindruckende Erfolgsstatistik vorzuweisen: Seit dem Erstflug 1996 haben 97 Starts stattgefunden, 92 von ihnen (also rund 95%) mit vollem Erfolg. Von diesen 92 Starts reüssierten wiederum sage und schreibe 82 in ununterbrochener Folge zwischen 2003 und 2017. Die Ariane 5 ist damit die derzeit zuverlässigste Trägerrakete auf dem Markt, und auch der jüngste Teilfehlschlag kann daran nicht viel ändern. Zudem sind bis zum Jahr 2022 weitere 18 Flüge geplant.

Eine gute Auslastung eines guten und beliebten Systems also, sollte man meinen. Das ist auch durchaus korrekt. Aber die ESA und der Hersteller Ariane Group (ein Airbus-Safran-Joint-Venture) müssen sich langsam neuen Herausforderungen stellen, denen die Ariane 5 nicht gewachsen wäre. Dabei greifen technische und wirtschaftliche Faktoren eng ineinander:

Waren bis vor einigen Jahren noch die staatlichen Agenturen und öffentliche Institutionen die größten Kunden der Raketenhersteller, so sind es mittlerweile eher  private Dienstleister. Öffentliche Missionen für Erdbeobachtung, GPS, Forschung etc. werden mehr und mehr ergänzt durch Satelliten für kommerzielle Erdbeobachtung sowie für Fernseh-, Radio- und — der neue Trend — Datenübertragung. Rund 35% aller aktiven Satelliten bieten inzwischen rein kommerzielle Dienste an, und die Anzahl der neu gelaunchten lag laut Satellite Industry Association (SIA) zwischen 2012 und 2016 um 53% höher als im Fünfjahreszeitraum davor.

Marktlage

Der Gesamtumsatz für TV-, Radio- und Datenverbindungen für den Endverbraucher lag 2016 bei 104,7 Milliarden US-Dollar, verglichen mit 97,9 Milliarden in 2013. Das stärkste Wachstum verzeichneten dabei Daten- und Radiodienste, während der TV-Sektor eher stagniert. Die Infrastruktur für Rundfunk, Internet, Telefonie & Co. quasi auch im letzten Winkel des Planeten noch sicher zu stellen, ist also ein lukratives Geschäft, in das über die Jahre hinweg viele Hersteller eingestiegen sind, wie ein Blick in die Mitgliederliste der SIA zeigt. Das sogenannte „Internet of Things“ wird diesen Trend in Zukunft aller Voraussicht nach noch verstärken. Stéphane Israël, Generaldirektor der Arianespace SAS, geht gar optimistisch von einer Verdreifachung des Umsatzes bis 2030 aus:

„Les projections 2020 et 2030 sont extrêmement favorables. Le marché spatial pourrait tripler en valeur. Le satellite n’était jusqu’à présent qu’un acteur de second rang dans la connectivité. Mais les technologies ont évolué. Aujourd’hui, le satellite peut apporter une qualité de connexion internet compétitive, notamment dans les territoires reculés. Là, il s’avère plus économique que la fibre.“
Quelle: MaVille

Von Artel über Iridium bis Planet und XTAR haben all diese Dienstleister jedoch noch etwas gemeinsam: Sie wollen ihre Satelliten so kostengünstig wie möglich ins Orbit schießen. Das hat in den letzten Jahren wiederum Konkurrenz bei den Raketenherstellern auf den Plan gerufen. Neue Unternehmen wie Blue Origin (2000), SpaceX (2002), Orbital ATK (2015) usw. haben das Potenzial erkannt, eigene Systeme entwickelt, die sogar teilweise wiederverwendbar sind, und bieten nun ebenfalls Starts an. Zum Teil deutlich günstiger als Arianespace: Ein Launch mit der Ariane 5 kostet zwischen 165 und 220 Millionen US-Dollar. SpaceX hingegen verlangt für den Start einer Standardmission mit der Falcon 9 gerade einmal rund 65 Millionen. Der Preis erhöht sich zwar durch Mehraufwand bei Missionen mit nationalem Sicherheitsinteresse, bleibt aber aktuell immer noch unter dem einer Ariane 5. Orbital ATK (Antares) liegt preislich zwar weit über SpaceX, aber ebenfalls noch immer unter dem von Arianespace.

Im März 2016 bestätigte Brett Tobey, leitender Ingenieur des US-amerikanischen Providers United Launch Alliance, gar mehr oder weniger öffentlich in einer Vorlesung, dass auch ULA mit SpaceX kostenmäßig auf die Dauer nicht mithalten könne. Ein Eingeständnis, das von ULAs Management rasch dementiert wurde und Tobey letztendlich zwang, seinen Job aufzugeben.

Blue Origin (New Glenn) könnte möglicherweise sogar die gesamte Konkurrenz inklusive SpaceX zukünftig noch unterbieten, da dieses Unternehmen sich den Gesetzen des Marktes mehr oder weniger entzieht. Es muss sich bisher nicht aus eigenen Aktivitäten finanzieren, sondern wird aus der Privatschatulle von Milliardär Jeff Bezos unterstützt.

Beschluss

Das europäische Trägersystem Ariane würde man in Anbetracht all dessen nur mit einem Mix von radikalen Neuerungen in Design, Funktionen und Herstellungsprozess konkurrenzfähig halten können, das wurde den beteiligten europäischen Staaten früh klar:

ESA’s programme dedicated to the preparation of this future, the Future Launchers Preparatory Programme (FLPP), began in 2003. It oversees system studies and research activities to foster new technologies capable of delivering performance and reliability coupled with reduced operational costs.
(Quelle: ESA)

Diese Entwicklung kulminierte 2014 bzw. 2016 im Beschluss des ESA-Ministerrates,  direkt eine neue Trägerrakete zu entwickeln, statt nur Teile der Ariane 5 weiter zu optimieren. Dies war die offizielle Geburtsstunde der Ariane 6, deren Entwicklung allerdings schon seit 2009 offen diskutiert wurde — und zwar durchaus kontrovers. Beispielsweise sprach sich 2013 der damalige DLR-Chef Johann-Dietrich Wörner gegen eine reine Konzentration auf den Kostenfaktor aus und ging damit offen auf Konfrontationskurs zu Frankreich und dessen Prioritäten:

„Wenn die künftige Ariane 6 allein auf einen möglichst niedrigen Startpreis für die Satellitenbetreiber ausgerichtet wird, wäre das ein Fehler“, (…)

Wörner schlägt stattdessen vor, Europas Raumfahrtindustrie auf moderne und umweltfreundliche Raketentechnik auszurichten, gepaart mit Qualität und Zuverlässigkeit.

Wichtiger als der Preis sollte für Europa die „technologische Unabhängigkeit“ sein, sagt der DLR-Chef. „Wir sind Weltmarktführer bei der Produktion von Autos und sind auch nicht die billigsten.“

Quelle: „Welt

Ariane 6, © ESA/DUCROS David, 2017

Ariane 6, © ESA/DUCROS David, 2017


Konfiguration

Man scheint letztendlich einen Kompromiss gefunden zu haben, denn bei der Konfiguration der Ariane 6 flossen nicht nur Kosten-, sondern tatsächlich auch Umweltfaktoren in die Planung ein, wobei die Grenze zwischen beiden Aspekten nicht immer eindeutig ist. Geplant bzw. in Entwicklung befindlich sind aktuell die Varianten A62 und A64. Hierbei bezieht sich die jeweils letzte Ziffer auf die Anzahl von Boostern. Anders als die Ariane 5 ist die A6 hier variabel. Sie kann zwar ebenfalls 5 bis 11 Tonnen Nutzlast transportieren. Je nach Auslastung wird sie aber entweder mit vier oder nur mit zwei Boostern ausgestattet. Dies ist die erste Maßnahme für mehr Flexibilität, Effizienz und Kosteneinsparung. Es ist jedoch nicht die einzige:

Bei der Ariane 6 setzt man entgegen erster Planungen nun doch auf kryogenen Flüssigtreibstoff sowohl für die Ober-, als auch für die Unterstufe. (In diesem konkreten Fall eine Kombination aus flüssigem Wasser- und Sauerstoff.) Das ist nicht nur an sich schon umweltfreundlich, sondern es erlaubt theoretisch auch die zukünftige Weiterentwicklung zu einer wiederverwertbaren Komponente analog zur Falcon von SpaceX. Auch ein recyclebares Triebwerk steht für die Zukunft im Raum.
Die Booster hingegen nutzen weiterhin feste Treibstoffe.

Die Oberstufe der Ariane 6 wird diesmal mit einem ganz anderen Triebwerk ausgestattet: Das sogenannte Vinci-Triebwerk kann während einer Mission mehrfach gezündet werden. Das bedeutet, dass die Rakete verschiedene Teile ihrer Nutzlast in verschieden hohe Orbits befördern kann, statt sie quasi alle an derselben Haltestelle auszusetzen und den Rest „zu Fuß gehen“ zu lassen. Sie wird dadurch vielseitiger einsetzbar und (e.t.a.: im Sinne einer flexibleren Payload-Auslastung) auch indirekt wieder ein weiteres Stück wirtschaftlicher als die Ariane 5. Damit wiederum steigt natürlich auch die Attraktivität für die Kunden. Denn wenn der Orbit von vornherein einzeln optimiert werden kann, verlängert das die Einsatzdauer der Satelliten und erhöht somit auch den Profit der Betreiber.

Grafik des CNES zu den Kennzahlen der Ariane 6 is_infographie-ariane6-102015_fr
Credit: CNES, CC BY-NC-SA 3.0 – Leider ist die einzige derart umfassende Grafik nur auf Französisch zu finden. Ich denke aber, die Kernaussagen werden dennoch klar.

Integration der Komponenten

Neben der Konfiguration der Rakete spielt allerdings auch der Herstellungsprozess eine Rolle bei der Kostenminderung. Hier setzt die ESA bzw. ArianeGroup noch stärker als zuvor auf Prozessautomatisierung und zudem diesmal auf die leichter zu bewerkstelligende horizontale, also liegende Fertigung. Die einzelnen Teile der Rakete sind auf diese Art besser zugänglich und einsehbar, leichter zu transportieren, und das ganze Konstrukt kann bis zum Transport sicherer gelagert werden. Lediglich das oberste Modul mit der Nutzlast wird ganz zum Schluss vertikal montiert. Verglichen mit der Ariane 5 will man auf diese Art ca. 40 bis 50% der Herstellungskosten einsparen.

Kritikpunkte

Ob all dies ausreicht, um die Ariane dauerhaft konkurrenzfähig zu halten, wird sich zeigen müssen. Es gibt durchaus valide Kritikpunkte, wie zum Beispiel die Tatsache, dass das Georeturn-Prinzip beibehalten wurde. Auf Wunsch Deutschlands übrigens, welches mit 23% an der Ariane beteiligt ist. Den Hauptanteil trägt jedoch Frankreich mit ca. 52%. *)

Das Georeturn-Prinzip besagt, dass die an der Finanzierung beteiligten Länder in annähernd gleichem Umfang auch anschließend Aufträge (=Einnahmen) aus dem Projekt erhalten. Das klingt zwar zunächst irgendwie fair, hat aber zur Folge, dass nicht unbedingt der effizienteste Hersteller den Auftrag bekommt, sondern im Zweifelsfall der, der im Land mit der größten Finanzierungsbeteiligung sitzt. In Anbetracht der Tatsache, dass öffentliche Aufträge ansonsten europaweit ausgeschrieben werden und der günstigste Anbieter genommen werden muss, unabhängig von seinem Firmensitz, mutet das Georeturn-Prinzip grundsätzlich etwas kurzsichtig und kleinstaatlich an. Aufgrunddessen hat die Konkurrenz in dieser Hinsicht leider immer noch einen nicht zu unterschätzenden Wettbewerbsvorteil.

Einen weiteren Vorteil hat mindestens SpaceX bei der Stückzahl. Für die Ariane 6 sind meines Wissens nach zunächst 11 Starts pro Jahr geplant. (Man möge mich bitte korrigieren, falls ich da falsch liege bzw. die obige Infografik nicht mehr auf dem neuesten Stand sein sollte.) Die Falcon 9 hatte alleine im Jahr 2017 jedoch schon 18 Starts zu verzeichnen, und zwar allesamt erfolgreich. Es ist daher anzunehmen, dass SpaceX auch von einem gewissen Umfangsvorteil profitiert. Dass der allerdings groß genug ist, um die Ariane 6 aus dem Feld zu schlagen, bezweifle ich persönlich.

 

Gegenargumente

Keinen Vorteil hat SpaceX oder irgendein anderer Anbieter allerdings bezüglich der Zuverlässigkeit des Systems an sich – jedenfalls bis jetzt. Wenn die Ariane 6 sich ebenfalls über Jahre als so solide erweisen sollte wie die Ariane 5, und wenn in näherer Zukunft vielleicht tatsächlich auch noch die Unterstufe recyclebar wird, dürfte das den Druck auf die anderen Anbieter durchaus erhöhen. Dabei spielt nicht nur der technische Erfolg des Starts an sich eine Rolle, sondern auch Faktoren wie in letzter Minute verschobene Starts, die je nach Länge der Verzögerung ebenfalls einige Millionen an Mehrkosten bedeuten können. (Zugegebenermaßen hängt das allerdings auch oft von Umweltfaktoren ab, die niemand beeinflussen kann.)

Gleichfalls mit einzurechnen sind dabei die nötigen Versicherungssummen. Hier haben allerdings vor allem die Russen ein Problem, aber es zeigt sich dennoch, dass die Ariane bei den Versicherungsunternehmen immer noch besser im Kurs steht als die Falcon:

„Insurance premiums for launches of International Launch Services’ Russian Proton rocket, which satellite operators and insurers say is a necessary third leg for the commercial market — the SpaceX Falcon 9 and the ArianeGroup Ariane 5 being the other two — total about 12% of the insured value.

That compares with 3-4% for Ariane 5 and 4-5% for the Falcon 9.

In dollar terms, that means that ILS customers seeking a $200 million policy covering the the value of the satellite, the launch and the satellite’s first year in orbit, would pay a $24 million premium.

The same customer launching the same satellite on Falcon 9 or the Ariane 5 would pay no more than $10 million, and possibly less.“

Quelle: Spaceintelreport

Andere stellen gar in Frage, dass die Wiederverwendbarkeit der Unterstufe bei der Falcon 9 tatsächlich eine so hohe Ersparnis bringt.

„Admittedly, CEO Elon Musk nurtured high expectations for the consequences of reuse, and has frequently discussed SpaceX’s ambition to reduce the cost of access to orbit by a factor of 10 to 100. However, after several reuses, it is clear that costs have decreased no more than 10-20%. What gives?“

Quelle: Teslarati

Falls das den Fakten entsprechen sollte, wird SpaceX überschätzt. Allerdings ist das Unternehmen nicht an der Börse gelistet und muss daher seine Finanzen nicht offenlegen.

 

Schlussgedanken

SpaceX, Blue Origin und Co. haben Bewegung in den Raketenmarkt und die involvierte Technologie gebracht. Das ist meines Erachtens grundsätzlich begrüßenswert.

Sicherlich hätte man die Ariane 6 noch um einiges weiter entwickeln und verbessern können, aber in erster Näherung scheint sie mir durchaus zukunftsfähig zu sein. Da die Ariane 5 weiterhin Grundlage des Gesamtkonzepts ist, gehe ich auch bei ihrer Nachfolgerin von einem ähnlich soliden und zuverlässigen System aus, und das wird definitiv das große Plus gegenüber der Konkurrenz sein. (Wobei die Kostenreduktion um rund 50% natürlich auch nicht schadet.)

Ich hatte kürzlich die Ehre und das Vergnügen, einige der an der Konstruktion Beteiligten kennen zu lernen. Ihr Fachwissen und ihr Engagement haben mich sehr beeindruckt. Ihnen, ihren Kollegen weltweit und natürlich der Ariane selbst wünsche ich alles nötige Glück und allen verdienten Erfolg.

Erstmals abheben soll die Ariane 6 nach derzeitigem Stand im Jahr 2020. Von einem neuen Launchpad ELA-4, dessen Bau der folgende Blogeintrag gewidmet ist.

 

[Editiert am 03./04.02. Zweck:
– Verdeutlichung des ökonomischen Faktors beim neuen Triebwerk
– Hinweis auf ursprüngliche Planung beim Treibstoff für die Unterstufe]

——————————
*) Hätten Menschen wie Herr Wörner damals Frau Ministerin Zypries überzeugen können, von diesem Prinzip abzuweichen, wäre in Sachen technischer Optimierung eventuell noch mehr Potenzial freigesetzt worden — und Frankreich hätte an Umweltschutzüberlegungen möglicherweise auch schneller Gefallen gefunden.


  1. Ein paar kleine Anmerkungen vielleicht noch:

    1. Die Ariane 6 sollte lt. der ältesten Pläne eine mit Feststoff angetriebene Unterstufe erhalten. Um allerdings auf Dauer mit SpaceX und deren Recycling-Konzept mitziehen zu können, wurde auf Flüssigtreibstoff umgeschwenkt.

    2. Dass SpaceX Starts mit gebrauchten Unterstufen billiger anbietet als Starts mit 100% nagelneuen Raketen, ist anzunehmen. Verlässliche Zahlen dazu habe ich allerdings nicht gefunden. Interessant fand ich eher die von mir auch zitierten Zweifel an der Höhe der tatsächlichen Einsparungen. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass die erzielbaren Einsparungen ohnehin nicht in vollem Umfang an die Kunden weitergegeben werden.

    3. Ja, mir ist bekannt, dass SpaceX einen festen Vertrag mit der NASA zur Belieferung der Raumstation hat und darüber hinaus auch vom US-amerikanischen Militär beauftragt wird. Somit verfügt SpaceX über eine halbwegs sichere Grundauslastung, die es dem Unternehmen theoretisch erlaubt, anderen Kunden geringere Preise zu bieten als eigentlich üblich bzw. notwendig wären. Ob und inwieweit SpaceX das aber tatsächlich praktiziert, kann ich allerdings nicht belegen.

  2. Gerade eben hat übrigens Holger Voss einen hervorragenden Artikel zur Ariane 6 und ihrer Konkurrenz veröffentlicht, in dem noch viel detaillierter auf die technischen Details eingegangen wird: https://drrocket1.wordpress.com/2018/02/05/ariane-6-die-europaische-antwort-auf-die-falcon-9-von-spacex/

  3. Toller, informativer Artikel.
    Eine Anmerkung: Ich denke nicht, daß ein Triebwerk, welches Flüssigwasserstoff verbrennt, für eine Erststufe geeignet ist, welche propulsiv landen soll. Man kann den Schub nicht weit genug herunterregeln zum Landen, ohne daß der Verbrennungsprozess instabil wird. Daher müsste die Anzahl der Triebwerke deutlich über 9 liegen, um sicher landen zu können. Und 9+ Flüssigwasserstoff-verbrennende Triebwerke plus Leitungen und Turbopumpen wartungsarm dicht halten zu müssen dürfte der Alptraum eines jeden Ingenieurs sein. Hat ja schon mit nur drei SSMEs beim Shuttle desöfteren nicht funktioniert.
    Eine Triebwerkssektion wie beim Adeline-Konzept fliegend zurückzubringen wäre möglich, aber davon hat man seit einiger Zeit auch nichts mehr gehört.
    Dafür gibt es dann aber jetzt das Prometheus-Triebwerk mit flüssigen Methan als Treibstoff. Die Wahl von Methan ist ein guter Kompromiss: ISP ist höher als von Kerosin, aber es ist deutlich einfacher zu handhaben als LH2.
    Und SpaceX und BlueOrigin haben sich für die Zukunft auch für Flüssigmethan entschieden. Das kann also nicht so falsch sein. 😉

  4. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann ging es in erster Linie zunächst darum, Feststoff entgegen der ursprünglichen Pläne für die Zentralstufe nun doch auszuschließen und überhaupt erst einmal auf Flüssigtreibstoff umzuschwenken, weil sonst überhaupt keine Wiederverwendung möglich wäre. Ob eine Umstellung von Sauer-/Wasserstoff auf Methan vielleicht dann nachträglich möglich ist, ohne gleich eine komplett neue Unterstufe zu bauen, kannst du als Fachmann natürlich wesentlich besser beurteilen.

    Seltsam fand ich auch, dass bei der A6 nun mit zwei Tanks gearbeitet wird. Mir wurde das so erklärt, dass das die Isolierung einfacher und somit die Konstruktion günstiger macht, was auch durchaus einen Sinn ergibt. Aber muss man dann nicht auch mit mehr Vibrationen rechnen, die man dann auch wieder ausgleichen muss?

    Es gibt da noch so einiges, das ich in Kourou hätte fragen sollen, mir aber leider erst hinterher eingefallen ist. Das jetzt nachträglich aus der Literatur rauszuklauben, ist ziemlich lustig – und lehrreich. *g*

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