Forschung & Entwicklung, Technik

And miles to go before I sleep – Energieversorgung an Bord

Während sich sich für die irdische Stromversorgung in den Industriestaaten neuerdings alles um erneuerbare wie Sonnen-, Wind- und Gezeitenenergie dreht, stehen Raumfahrtingenieure vor genau dem entgegengesetzten Problem: Je weiter sich ihre Sonden und Fahrzeuge von der Erde entfernen, desto weniger Energieformen stehen ihnen für Funk, Experimente & Co. zur Verfügung.

Nun könnte man einwenden, Funk, Navigation & Co. würden doch nicht so viel Energie erfordern. Hierbei muss man allerdings berücksichtigen, dass a) mit wachsender Entfernung durchaus auch hier mehr Energie benötigt wird und b) für den Betrieb sämtlicher Instrumente eine Mindesttemperatur erforderlich ist, die ggf. über Jahrzehntee konstant gehalten werden muss. Wer schon einmal bei tiefen Minustemperaturen über versagende, herkömmliche Batterien in Auto oder Kamera geflucht hat, kann sich die Problematik wahrscheinlich lebhaft vorstellen. Wir erinnern uns: Voyager 1 und 2 starteten in 1977 und verlassen nun, nach über 30 Jahren, unser Sonnensystem. Sie senden aber trotz der sie umgebenden Eiseskälte immer noch erfolgreich Funksignale zur Erde zurück.

Seit den Zeiten von Apollo hat man aufgrund der oben geschilderten Problemstellung auf Radioaktivität als Energiequelle für Raumfahrzeuge und -sonden zurückgegriffen. Auf Plutonium 238 , um genau zu sein. Es entstand als Nebenprodukt der atomaren Waffenindustrie und produzierte ausreichend Wärme, um die Energieversorgung sicherzustellen. Darüber hinaus beträgt die Halbwertzeit, nach der ein Nachlassen der Wärmeproduktion zu erwarten ist, knapp 88 Jahre. Lange genug also, um die meisten auf den Weg gebrachten Missionen innerhalb der vorgesehenen Zeit zu einem erfolgreichen Ende zu bringen.

Plutonium 238 hat zudem einen sehr hohen Schmelzpunkt und ist nur schwer wasserlöslich. Sollte es also einmal in die Umwelt gelangen, kann es auch relativ leicht wieder entfernt werden. Es ist ausserdem sehr kompakt, wegen der Art der Strahlung (Alpha-Teilchen) leicht abzuschirmen und relativ preiswert herzustellen. Im Prinzip also geradezu ideal.

Dennoch ist die Herstellung der Knackpunkt: In den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts kam der Beschluss des US Department of Energy (DOE), die Reaktoren, in denen dieses Isotop bislang erzeugt wurde, aus strategischen und Umweltschutzgründen zu schließen. Infolgedessen war die NASA von diesem Zeitpunkt an auf ihre Reserven sowie die 238-Pu-Produktion von Russland angewiesen. Die russischen und gleichzeitig letzten derartigen Reaktoren wurden jedoch ebenfalls kurz darauf geschlossen und das Ende der weltweiten 238Pu-Reserven somit absehbar:

Quelle: http://www.nasa.gov/pdf/636900main_Howe_Presentation.pdf

Quelle: http://www.nasa.gov/pdf/636900main_Howe_Presentation.pdf

Obwohl in der Raumfahrt mittlerweile an einer Alternative, dem energietechnisch eigentlich viermal so effizienten Advanced Stirling Radioisotope Generator (ASRG) gearbeitet wird*, will die NASA für kommende Missionen, darunter auch der Curiosity-Nachfolger, der 2020 starten soll, voraussichtlich erneut auf Plutonium 238 zurückgreifen. Grund dafür ist die höhere Abwärme, die wieder einmal als Heizung für die Instrumente benötigt wird und die beim ASRG nicht mehr in ausreichendem Maß zustande kommt. Betrachtet man jedoch, wieviel Plutonium für die Missionen benötigt wird, wird schnell klar, dass mit den aktuell noch vorhandenen Vorräten nicht mehr allzuviel anzufangen ist.

Die NASA und das US Department of Energy haben aufgrunddessen offenbar beschlossen, die Produktion von Plutonium 238 wieder aufzunehmen. Erste Tests im Reaktor des Oak Ridge National Laboratory (Tennessee) sind nach Aussage der NASA erfolgreich verlaufen, so dass die Produktion noch im Laufe des Jahres aufgenommen werden könnte. Zur Verfügung stehen sollen die neuen Vorräte in ca. fünf Jahren; geplant ist ein Produktionsumfang von ca. 1,5 Kilogramm/Jahr.

* Die Raumfahrt liefert übrigens auch – und auch für den irdischen Alltag – wertvolle Beiträge zur Weiterentwicklung von Energiespeichern.

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